Als Claudia diesmal ins Coaching kommt, merke ich gleich, dass sie aufgewühlt ist. Kaum sitzen wir, macht sie ihrem Unmut Luft: „Ist mir doch egal, was die über mich reden!“ Claudia hat vor einem Jahr das Architekturbüro ihrer Eltern übernommen. Sie kennt es von klein auf und arbeitete schon als Studentin mit. Ich unterstütze sie dabei, ihre neue Rolle als Geschäftsführerin zu finden, ihre Ideen umzusetzen und das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen.
Heute ist ihr innerer Aufruhr deutlich spürbar. Sie erzählt, wie immer wieder das Gespräch verstummt, wenn sie zu den Mitarbeiterinnen in die Teeküche kommt. Recht schnell wird mir klar, dass es ihr eben nicht egal ist, was geredet wird. Sie ist frustriert, weil hinter ihrem Rücken über sie gesprochen wird, anstatt ihr direktes Feedback zu geben.
Die wichtigsten Regeln für eine gute Feedback-Kultur
Das ist eine typische Situation, wie sie in vielen Unternehmen anzutreffen ist. Doch der direkte Austausch ist weitaus mehr als „nice to have“. Eine gesunde Feedback-Kultur kann Missverständnisse aufklären, Vertrauen schaffen und Veränderungen anstoßen. Sie ist einer der Schlüssel für persönliche und berufliche Weiterentwicklung.
Damit eine gute Feedback-Kultur entstehen kann, braucht es Grundregeln, die Orientierung geben:
1. Der Austausch muss stets sachlich bleiben. Es sollte immer klar sein, dass Kritik an der Sache keine Kritik an der Person ist. Nur so können Offenheit und Vertrauen entstehen.
2. Es darf keine negativen Konsequenzen auf persönlicher Ebene geben, wenn jemand ehrliches Feedback gibt. Denn nur in einem sicheren Umfeld wird man sich trauen, offen anzusprechen, was gut oder weniger gut läuft.
3. Nur mit regelmäßigem, konstruktivem Feedback schaffen wir Veränderung. Auch eine Führungskraft kann nicht alles wissen und über jeden Aspekt im Unternehmen informiert sein. Hier kommen die Mitarbeitenden ins Spiel: Sie wissen am besten, was im Tagesgeschäft gut funktioniert und was nicht. Daher ist es wichtig, dass ihre Meinungen gehört werden.
Drei Fragen für konstruktives Feedback
In Feedback-Gespräche zu gehen, kann herausfordernd sein. Die drei folgenden kreativen Fragestellungen können ein Türöffner sein und den Boden für ehrliches und konstruktives Feedback bereiten
Die Meetingfrage: „Wenn wir ein Meeting hätten mit dem Titel: ‚Was bei uns total nervt‘ – welche drei Hauptdiskussionspunkte würdest du nennen?“ In jedem Unternehmen gibt es Dinge, die im Alltag nerven – sei es ein ineffizienter Prozess, wiederkehrende Missverständnisse oder veraltete Strukturen. Diese Frage schafft die Möglichkeit, Probleme auf eine lockere Art und Weise zu benennen, ohne Vorwürfe und Anklagen. Gleichzeitig gibt sie der Führungskraft die Chance, konkret zu erfahren, wo Handlungsbedarf besteht.

Der gute Geist: „Stell dir vor, du wärst der gute Geist des Unternehmens. Was würdest du uns/mir sagen? Was könnten wir besser machen – und was müsste sich zügig verändern?“ Diese Frage lädt dazu ein, kritisch über das gesamte Unternehmen nachzudenken. So können Probleme angesprochen werden, die vielleicht schon länger schwelen, aber noch nie direkt benannt wurden. Es entsteht Raum für eine andere Perspektive auf Probleme. Denn der „gute Geist“ betrachtet die Dinge mit einer gewissen emotionalen Distanz und kann neutraler bewerten, was funktioniert und was nicht.

Kollege Kaffeeautomat: „Wenn der Kaffeeautomat in unserer Küche reden könnte, was würde er sagen?“ In dieser Frage stecken Humor und die Chance auf ein überraschend ehrliches Feedback. Wenn der Kaffeeautomat stellvertretend für Mitarbeitende spricht, wird eine gewisse Leichtigkeit in die Situation gebracht. So ist es möglich, auch sensible Themen, wie beispielsweise Kleinigkeiten, die aus Angst vor Konflikten verschwiegen werden, anzugehen.
Die drei Fragen helfen, die Stärken und Schwächen eines Unternehmens oder Teams zu erkennen und konkrete Handlungsoptionen zu entwickeln. Dabei führt nicht jedes Feedback sofort zu einer Änderung. Manchmal gibt es Gründe, warum Prozesse oder Entscheidungen trotz Kritik bestehen bleiben. Dann ist es entscheidend, die Hintergründe offen zu kommunizieren. So bleibt man im Dialog und sorgt dafür, dass sich die Mitarbeitenden verstanden und ernst genommen fühlen.
Mit Feedback ins Handeln kommen
Claudias Fall zeigt, wie wichtig es ist, eine funktionierende Feedback-Kultur zu etablieren. Denn sie kann verhindern, dass Missverständnisse und Frustrationen entstehen, die sich negativ auf das Arbeitsklima auswirken.

Im Coaching beschließen wir, dass sie mit ihrem Team die Meetingfrage ausprobiert: Sie will mit ihren Mitarbeiterinnen offen kommunizieren. Deshalb wird sie zu Beginn des Gesprächs noch einmal mitteilen, dass sie immer nur hier gearbeitet hat und durchaus mal betriebsblind sein könnte. Deshalb ist sie offen für den Input der anderen. Und auf die Frage „Was bei uns total nervt…“ hat sie selbst die ersten Antworten: „Die unbequemen Stühle hier im Meetingraum, das Ablagesystem, das niemand mehr sinnvoll findet und die uralte Teeküche, die nicht wirklich zu einer entspannten Pause einlädt“.
Wir sind sicher: Wenn sie die Sache so angeht, hat sie das Eis gebrochen und auch ihren Mitarbeiterinnen wird so einiges einfallen. Es ist ein wichtiger Schritt zu einem offenen Austausch, der positive Veränderungen ermöglicht.
Welche Kommunikationssorgen hast du momentan im beruflichen Alltag? Brauchst du eine neue Perspektive? Ich begleite dich gern auf dem Weg zu neuen, konstruktiven Lösungen. Schreib mir und wir finden sicher einen Termin.