Richtig streiten - mit weniger Stress und konstruktiven Ergebnissen

Mut zum Konflikt

Anna und Julia kennen sich seit ihrem Designstudium. Gemeinsam haben sie vor acht Jahren ein Geschäft gegründet, hier verkaufen sie selbst designte und zugekaufte außergewöhnliche Wohnaccessoires. Während der Pandemie haben sie zusätzlich erfolgreich einen Onlineshop auf die Beine gestellt. Das Unternehmen fordert großen Einsatz, gleichzeitig haben beide inzwischen auch eine Familie gegründet. Beim Jonglieren zwischen Unternehmen und Familienleben wird die Luft immer dünner. Die Zusammenarbeit wird immer öfter zur Zerreißprobe, jede empfindet die Last der Verantwortung unterschiedlich. Die Spannungen steigen, die Geduld schwindet. Um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, haben sich die beiden für ein Coaching entschieden.

Konflikte als Treibstoff, nicht als Bremse sehen

Im Coaching ist es mir wichtig, als erstes den Blick auf Konflikte zu verändern. Sie müssen nicht auf jeden Fall verhindert werden. Konflikte kommen immer wieder vor – und das dürfen sie auch. In der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Sichtweisen steckt großes Potential, sich gemeinsam weiter zu entwickeln, neue Lösungen zu finden und so die Zukunft besser zu gestalten.

Das Ziel „Immer Kuschelkurs“ führt zu unterdrückten Konflikten

Wir alle kennen das: Statt Konflikte anzusprechen, lassen wir sie oft brodeln. Dabei hoffen wir, dass sie sich irgendwie von selbst auflösen. Ein Trugschluss: Denn so häufen sich Missverständnisse, die Emotionen kochen hoch, Kommunikation scheitert – und aus Meinungsverschiedenheiten werden plötzlich explosive Streitigkeiten.

Ganz klar: Jeder Konflikt ist erstmal unangenehm

Wenn uns etwas stört oder verärgert, wenn wir das Gefühl haben, jemand hat einen Fehler gemacht oder verhält sich irgendwie seltsam, fällt es oft schwer, das anzusprechen. Manchmal gewinnen dann auch unsere Emotionen die Überhand.  Wir vergreifen uns im Ton, werden vorwurfsvoll oder verletzend, wir verallgemeinern - sachlich bleiben geht nicht mehr. Das passiert vor allem, wenn wir Konflikte schwelen lassen. Wir werden dadurch immer emotionaler, misstrauischer und unsachlicher.  Und mit der Zeit vermuten wir mehr, hinter einem Problem, als wirklich dahintersteckt.  

Was dann kommt, das kennen wir alle: Dann machen wir unserem Ärger Luft, gerne mit Vorwürfen oder verallgemeinernden Du-Botschaften: „Du hast ja schon immer …

Die Lösung: Ein neuer Umgang mit Konflikten

Der wichtigste Schritt: Miteinander reden - und das möglichst schnell. So wird klar, wer was von wem erwartet, wer welche Meinung hat und eigene Interpretationen verlieren ihre Macht. Damit ein Streitgespräch ein gutes Gespräch wird, mit dem es allen Beteiligten gut geht und eine Lösung gefunden wird, sind ein paar Regeln sehr hilfreich:

Zuhören und wirklich verstehen

In einer Auseinandersetzung passiert schnell Folgendes: Unser Konfliktpartner setzt an und beginnt zu erzählen. Sofort beginnen wir nachzudenken und formulieren automatisch bereits eine Antwort im Kopf. Wir hören nicht mehr zu und das, was der andere sagt, kommt gar nicht mehr richtig an. Mal ehrlich, das kennen Sie auch?

Im Coaching stelle ich immer wieder fest, dass zuerst die Geschwindigkeit reduziert werden muss. So ist gewährleistet, dass die Argumente des anderen wirklich ankommen. Erste Regel ist: Jeder darf ausreden, und danach wird sichergestellt, dass der andere alles richtig verstanden hat. Da wird dann nachgefragt: „Verstehe ich das richtig, dass du…“, „ich habe verstanden, Dir ist wichtig…“, „Dich hat geärgert, dass…“.

Das ist zuerst etwas ungewohnt, aber genauso sorgen Sie dafür, dass Sie wirklich verstehen und können Missverständnisse sofort ausräumen. Verständnisfragen sind das perfekte Werkzeug zur Konfliktlösung.

Anschließend können Sie gemeinsam überlegen: Was wünscht sich jeder vom anderen, was kann jeder für ein konstruktives Gesprächsergebnis tun?

Dranbleiben

Sie haben viel geklärt und jeder fühlt sich jetzt richtig gut? Wunderbar! Vergessen Sie jetzt nicht den nächsten Schritt: Verabreden Sie ein weiteres Gespräch mit etwas zeitlichem Abstand. Hier schauen Sie, was sich schon verbessert hat, klären, was noch nicht so gut funktioniert und suchen nach weiteren Lösungen. Wenn Sie so zusammenarbeiten, passiert es erst gar nicht, dass unter der Oberfläche Themen brodeln, die immer größer werden.

Anna und Julia hat es sichtlich gutgetan, sich viel Zeit zum Zuhören und Reden zu nehmen: Dabei haben wir viele Möglichkeiten zur Entlastung beider gesammelt. Diese wollen sie anschließend in Ruhe prüfen und ausprobieren.

Sie freuen sich: „Wir haben etwas wiedergefunden: Das Wissen, dass zusammen gute Ideen entwickeln und Spaß haben – das ist unsere Stärke.“ 

Wie schaffen Sie es, etwas anzusprechen, das Sie stört? Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht? Wenn Sie Ihre Ideen mit mir teilen möchten, dann schreiben Sie mir an

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