Sauer? Wütend? Beleidigt? Auch für Führungskräfte ganz normal…

Die eigenen Gefühle besser verstehen und überlegter handeln

„Was, schon wieder soll ich den Samstag übernehmen? Kommt gar nicht in Frage! Wie planst du eigentlich? Als Mona die Dienstpläne noch gemacht hat, da ging es hier gerechter zu. Und jetzt: Nur noch Chaos. Und immer musss ich es ausbaden!“ Wütend stürmte Claudia dann aus dem Büro.

So schildert mir Jutta, die Leiterin eines Seniorenheimes, ein Gespräch mit ihrer Mitarbeiterin am Morgen. Als ich sie frage, wie sie reagiert hat, zuckt sie mit den Schultern: „Ich war selbst so sauer und verletzt, dass ich erst mal gar nicht in der Lage war, etwas zu machen. Aber mein erster Impuls war tatsächlich, Claudia hinterherzulaufen, und ihr an den Kopf zu werfen, sie könne sich ja was anderes suchen, wenn es ihr hier nicht passt. Gut, dass ich das nicht gemacht habe. Sie ist menschlich und fachlich einfach spitze. Ich habe keine Ahnung, was da los war.“

Sicher kennen Sie das auch: In einem Gespräch entstehen emotionale Reaktionen, die nicht zielführend sind. Doch was ist hier wirklich passiert?

Wir sehen zwei typische, irrationale Reaktionen, die bei Ärger und Wut entstehen: Auf der einen Seite ein impulsives Handeln, das schnell verbrannte Erde zurücklassen kann, auf der anderen Seite Schockstarre, die einem vernünftigen Tun genauso im Weg stehen kann.

Mir fällt dazu gleich ein Zitat von Robert Green Ingersoll ein:

 Wut ist wie ein Wind, der die Flamme des Verstandes löscht.

Jetzt ist es wichtig, zu überlegen: Wie kann ich die Kontrolle über meine Emotionen behalten und überlegter handeln?

Emotionen sind ein wichtiger Teil unseres Lebens und brauchen ihren Platz. Wut hilft uns, uns in bestimmten Situationen besser abzugrenzen, Dankbarkeit lässt uns Verbundenheit spüren und Stolz macht uns selbstbewusst. Wenn uns Gefühle jedoch überwältigen, können sie zu irrationalen Entscheidungen oder Handeln führen. Um in schwierigen Situationen klar zu denken, hilft es, unsere Gefühle zu erkennen, zu verstehen und zu regulieren.
Ein schneller und gut umsetzbarer Tipp in „Akutsituationen“: Zählen Sie in 3er-Schritten rückwärts von 100 auf 0.

Warum funktioniert das so gut? Sowohl Gefühle als auch unsere Denkprozesse werden in unserem Gehirn verarbeitet. Emotionen entstehen im limbischen System, einem stammesgeschichtlich alten Teil des Gehirns, daher laufen sie oft unbewusst ab. Die an Emotionen beteiligten neuronalen Schaltkreise haben eine äußerst rasche Informationsverarbeitung der äußeren Reize, sie laufen nahezu automatisch und sehr schnell ab. Denken wir an eine Flucht vor dem Säbelzahntiger, garantierte das eine schnelle Verhaltensantwort, die fürs Überleben sorgte.

Unsere kognitiven Funktionen wie Sprache, Gedächtnis, Problemlösung und Urteilsvermögen werden von einem evolutionsgeschichtlich neueren Teil des Gehirns übernommen, dem präfontalen Kortex, der hinter der Stirn liegt. Wenn Sie nun rückwärts zählen, dann aktivieren diesen Teil des Gehirns – er kann jetzt das Emotionszentrum im Stammhirn „runterregeln“. Ihre Aufmerksamkeit wird von den negativen Emotionen abgelenkt, denn Ihr Gehirn kann sich immer nur mit einer Sache beschäftigen.  Wut, Stress und Angst werden reguliert und Sie können Ihre emotionalen Reaktionen besser kontrollieren und eine rationalere Perspektive einzunehmen.

Statt blind vor Wut zu sein – können Sie den Raum um sich herum wahrnehmen

Das gleiche passiert in Momenten der Achtsamkeit, bei denen bewusst Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment und die Umgebung zu gelenkt wird. Gut ist es, ein paarmal tief ein- und auszuatmen, sich kurz auf den Boden unter den Füßen zu konzentrieren und bewusst umzuschauen. Vielleicht ist es auch möglich, ein paar Schritte umherzugehen, ein Fenster zu öffnen und sich so eine kurze Auszeit zu schaffen.

Hinterher: Jetzt ist Selbstreflexion wichtig!

Machen Sie sich klar:

  • Was habe ich genau gefühlt?
  • Was genau hat mich so in Rage gebracht, gekränkt oder verletzt?

Häufig zeigen sich im Rückblick negative Gedankenmuster, die mehr mit früheren Erfahrungen und Erlebnissen als mit der konkreten Situation zusammenhängen.

Jutta weiß es schon: Sie ist ganz schön perfektionistisch. Dass gerade ihr Chaos vorgeworfen wird und noch auf jemanden verwiesen wird, der es besser kann – das nimmt sie schnell persönlich.

Gemeinsam bereiten wir das Gespräch mit Claudia für den nächsten Tag vor: Sie wird dabei erzählen, wie es ihr damit ging und auch Claudia fragen, was sie so aufgeregt hat. Aber sie will auch deutlich Grenzen setzen - Türenschlagend aus dem Büro marschieren, ohne Raum für ein Gespräch zu lassen – so soll die Kommunikation im Haus nicht aussehen…

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